Ich muss weder "runter kommen" ...noch was beschönigen. Die Welt ist kein Ponyhof und wer als Gast hier liest darf auch wissen, das es auch mal unschön sein kann.
Wäre der Bogensport etwas generell nicht schönes...würde es ja keiner hier dauerhaft betreiben. Aber zu wissen welche Unarten auf einen zukommen können, kann auch hilfreich sein...da es keinen Überraschungsmoment gibt und man zumindest schonmal gelesen hat, das es sowas gibt.
Ich finde das völlig ok auch mal die "Schattenseiten" zu beleuchten...da hier wohl jeder gesittet damit umgeht, findet sich hier auch der Leitfaden zum Umgang damit.
Um dem Wunsch nach positiven Schilderungen nachzukommen:
Drei Jahre gekämpft...gegen meine mittlere Führungsebene und deren Vorbehalte...dann das erste Mal in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung zum Jahresabschluss Bogensport anbieten dürfen.
Netz im Lager gespannt, die hinteren Gänge gesperrt, zwei Kollegen unterwiesen...
(Zwischeninfo: in diesem Haus war es zu diesem Tag immer üblich eine Mischangebot aus
- Video gucken
- Konsole Spielen
- Teestube mit Kuchnbuffet
- Tombola
- großes Frühstück
- großes Catering vom Griechen
- Winterspaziergang als einzig wirklich aktives Angebot
...umzusetzen. Essen, Konsole, Kuchen, Video kennen viele dieser Menschen zu genüge, aus ihrer Freizeit.)
Auf der Teilnehmerliste standen 20 Leute - von 150 und es wurde bereits gewitzelt...das es ja das Erste und letzte Mal auf dem Programm gestanden hätte. Vom Tagesbeginn an, bis zum Feierabend hatte ich durchgängig Betrieb. Rollstuhlfahrer, Spastiker, chronifiziert angstbehaftet Menschen, depressive Menschen...jung, alt, männlich, weiblich und diverse. Einige immer wieder...einige nur einmal...aber keiner ist ohne einen Treffer - und prunkvolle Urkunde - wieder gegangen.
Ich hatte vorher eine kleine Projektgruppe ins Leben gerufen, mit der ich eine Backstopscheibe zu einem Apfel verarbeitet habe. Anzeichnen, ausschneiden, kleben, bemalen...Aufhängung einarbeiten. Recherche zum Schuss auf den Apfel...die Leute hatten viel Spaß bereits in der Vorbereitung!
Zum Glück ist der Teil "Medizin" im meiner Ausbildung recht umfänglich gewesen und der Übungsleiterschein (wenn gleich nicht mehr gültig...aber doch mal gemacht) brachte noch genug Detailwissen mit...so hatte wirklich jeder Teilnehmer igendwann einen Pfeil im Apfel stecken.
Im Folgejahr wollten sehr viele Menschen wieder Bogensport zum Jahresabschluss und ich habe mich sehr darüber gefreut. Einen Bogen, ein Netz, den Apfel und Pfeile habe ich dem Haus vererbt...als ich die Abteilung und somit auch das Haus verlassen habe. Bogensport gibt es dort bis heute zu besonderen Anlässen...was aber wohl ehr den Kollegen dort zu verdanken ist, als der Leitung.
Ich hatte viel Freude daran diesen Menschen einmal - gegen alle Wiederstände - etwas Neues, eine Abwechslung und eine neue Selbsterfahrung ermöglichen zu können. Denn mit dem Wissen "ich kann das eh nicht" ist an diesem Tag niemand in den Feierabend gegangen!
Etwas das sovielen Menschen ein Lächeln gebracht hat, an einem Tag, kann unmöglich etwas Verwerfliches sein...und ein guter Umgang mit (teils dummn Vorurteieln) hat dies überhaupt erst ermöglicht. Wenn es einmal bei den Leuten angekommen ist...worum es eigentlich geht...ist es auch kein Problem mehr!
Wie gesagt...bevor ich im Freien eine unglückliche Situation im Konflikt beende, gebe ich ehr nach und gehe...denn sich dort durchzusetzen bedeutet nur ein schlechtes Bild auf alle anderen Stöckchenschubser zu werfen!