Eigentlich muss man diesen Bogen nicht vorstellen, den kennt jeder oder sollte es zumindest. Ich mach's trotzdem.
Arc Rolan ist ein französischer Premiumhersteller, der vorzugsweise Plastik als Werkstoff nutzt, Holz oder Carbon sucht man im Portfolio vergeblich.
So auch der "Snake". Es handelt sich um einen einteiligen Recurve mit 60" Länge (es gibt auch eine kurze Version für Kinder) aus Vollplastik, wahrscheinlich mit Nylon o.ä. verstärkt. Das macht den Bogen erstaunlich schwer - nicht wirklich schwer aber er wiegt mehr, als er aussieht.
Ein Shelf ist beidseitig vorhanden, sodass der Bogen sowohl links als auch rechts geschossen werden kann. Geliefert wird er außerdem mit je zwei Pfeilauflagen vom Typ Hoyt Superrest, das Shelf ist aber schön gerundet und die Auflagen kann man getrost weglassen. Kostenpunkt: um die 50 € je nach Anbieter.*
Das Zuggewicht beträgt 26 Pfund (es gibt ihn auch mit 18# und 22#, der 48" Kinderbogen hat 15 Pfund), weitere Auswahl gibt es nicht. Die Recurves sind verhältnismäßig filigran und die Sehnenkerben sehr kräftig ausgeformt. Der mittelgroße Griff ist aus unerfindlichen Gründen auf der Vorderseite offen, das fühlt sich seltsam an. Ich habe dieses selbsthaftende Tape aus dem Orthopädiebedarf um den nackten Griff gewickelt - jetzt ist der Griff perfekt!
Wie schießt sich das Ding? Durch das verwendete Material liegt der Snake etwas schwerer in der Hand als ein laminierter Holzbogen vergleichbarer Größe, das fühlt sich schonmal gut an. Den Auszug kann man nicht anders als "smooth" bezeichnen, auch bei weit jenseits der 28" ist von Stacking überhaupt nichts zu spüren. Der Bogen ist relativ leise, auch mit der serienmäßigen Dacronsehne und gibt nur ein leises "Zisch" (vom Pfeil, wenn er über das nackte Plastikshelf rutscht) gefolgt von einem kurzen und ebenfalls eher leisen "Dong" (die Sehne) von sich.
Die Pfeilgeschwindigkeit ist nicht berauschend und liegt gefühlt etwas unter dem Niveau der typischen Anfänger-Schraubrecurves mit den weißen Wurfarmen. Großes Aber: die Präzision! Der Snake ist recht immun gegen Torsion und Ablassfehler werden nicht besonders verstärkt. Ich kann selbst mit nicht richtig passenden Pfeilen erstaunlich enge Gruppen schießen. Er kann in dem Punkt sicher nicht mit Bögen mithalten, die mit Pfeilauflage und gut abgestimmten Pfeilen geschossen werden, meine Langbögen dagegen steckt er allesamt in den Sack und zwar ganz locker.
Ich habe keine extra Pfeile für den Snake und schieße ihn mit 600ern aus dem Bestand. Eigentlich viel zu steif aber sie fliegen geradeaus ohne zu trudeln. Das Gewicht wird bei 10 gpp liegen oder etwas mehr. Der Nullpunkt mit mediterranem Griff ist irgendwo zwischen 25 und 30 Metern. Bei Zielen, die weiter als 35 Meter stehen, muss ich bereits deutlich drüberhalten, bei 45 Metern verdeckt die Bogenhand das Ziel. Schieße ich jedoch vom Kinderpflock, kann ich einen kompletten Parcours ohne Probleme absolvieren und liege vom Score her nicht hinter "richtigen" Bögen zurück, eher im Gegenteil. Man sollte übrigens richtig spitze Spitzen verwenden, sonst hat man ständig Abpraller.
Ist das nun ein guter Bogen?
Ja und nein. Einerseits ja, weil er so konstruiert ist, dass ihn jede/r nutzen kann. Der Griff passt immer, der Bogen ist weder lang noch kurz, das Shelf ist doppelt vorhanden und die Auszugslänge ist gefühlt unendlich. Außerdem lässt er sich mit einer Präzision schießen, die einen staunen lässt, gerade für Anfänger ist das ein großer Pluspunkt. Nichts frustriert mehr, als wenn man permanent danebenschießt.
Der Preis ist kaum der Rede wert und man bekommt für gerade einmal einen Fuffi tatsächlich einen funktionierenden Bogen, der weitgehend unkaputtbar ist.
Andererseits ist die Wurfleistung nur Mittelmaß und beschränkt den sinnvollen Einsatz auf kurze bis mittlere Distanzen. Die Verarbeitung und Optik ist auf dem Niveau einer Tupperschüssel, die Sehnenkerben müssen auf Grate untersucht werden, die vom Spritzguss zurückgeblieben sind und der Griff braucht eigentlich eine Wicklung.
Fazit:
Trotz der dem Preis entsprechenden Abstriche beim optischen Erscheinungsbild und, noch gravierender, bei der Performance, lohnt es sich durchaus, einen Snake zu Hause zu haben. Zitat Hirmer: "Everybody should have one." Auch für Vereine sind sie eine echte Alternative zu Polaris und Co und diesen eigentlich überlegen.
Man muss sich etwas wundern, dass diese Rolan-Bögen so wenig verbreitet sind. Mir macht der Snake richtig Spaß, ich schieße gern vom Kinderpflock damit und nehme ihn für Technikübungen, auch für das Daumenschießen.
Man müsste mal eine Snake-Challenge veranstalten. Das scheitert aber vermutlich daran, dass es nicht sonderlich viele Besitzer gibt, schade eigentlich.
Ich stelle später noch ein paar Fotos ein, obwohl jeder weiß, wie die Schleuder aussieht.
*) Bei Arrowforge kostet der Bogen gerade einmal knapp 40 Euro!