Archers Campfire

Schießen im Gelände: Intuitiv & Zielsystem Schießen im Vergleich


Offline Bambus

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Das hat vermutlich jeder, der weitgehend intuitiv schießt schon beobachten können: da müht man sich mit sauberem Auszug, guter Haltung und Kontrolle für alle Parameter und trifft so leidlich. Und dann schaltet man alles Andere ab, sieht nur das Zeil, zieht und trifft richtig geil. Ohne auf Auszug, Haltung etc zu achten. Anker irgendwo 5cm neben der Backe, Auszug an die Schußweite angepasst, aus der Bewegung heraus oder von unsicherem Stand.

Und genau dieses Abschalten kann (und muß) man üben, üben und üben, wenn man intuitiv schießen will. Eben weil wir es in unserer Zivilisation nicht mehr gewohnt sind, im Flow zu handeln.


Und nicht zuletzt, ohne andauernde Übung bleiben solche Schüsse reine Zufallstreffer. Erst mit andauerndem Üben über Jahre hin kommt man in den Zustand, das das intuitive System weitgehend verläßlich die Kontrolle über den Schuß übernehmen kann. Aber wenn man nicht ganz beim Schuß ist, Gedanken kreisen oder man nicht ganz loslassen kann wird es nichts mehr.
Das Zitat von Roscho beschreibt es trefflich. In dem Moment in dem ich die Kontrolle abgebe und es mir völlig gleichgültig ist, ob der Pfeil nach dem Schuß in der Dornenhecke hinter dem Ziel ist, kaputt ist oder iom Ziel steckt, wenn ich den Pfeil vor dem Schuß innerlich verloren gegeben habe, dann kann ich intuitiv schießen. Dem wirklich intuitiven Schützen kann man einen fremden Bogen ähnlicher Art in die Hand geben und er wird ziemlich schnell sehr brauchbar, wenn auch nicht so gut wie mit der eigenen Ausrüstung, treffen.

Sicher ist das Systemschießen aufwendig, die ganze Rechnerei mühselig, benötigt extrem viel Kontrolle, einbeziehen vieler Parameter, Überlegungen und Nachdenken. Wie im Film klar ausgesprochen, Material und Umgebung müssen perfekt stimmen und/oder bewußt in die Überlegungen einbezogen werden. Aber trotzdem ist das immer noch der kurze, einfache Weg.
Wer den Stich aus dem Pietismus (das "2 Wege Bild" oder "der gute und der schlechte Weg") kennt weiß was ich meine  :angel: .
Vielleicht fällt mir ja noch was ein...


Offline bourne

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Ich bin da nicht ganz bei Dir – gerade das intuitive Schießen profitiert sehr von einer sauberen und reproduzierbaren Ausführung. Was passiert denn: als intuitiver Schütze verfolge ich den Flug meines Pfeils - daher auch z.B. weiße Federn und gut sichtbare Nocke - lerne aus der Flugbahn meiner Pfeile. Meinem Hirn lasse ich die Arbeit des Korrigierens, des Verbesserns - Ausrichtung Bogenarm, etc. Wenn ich jetzt ein schlechtes Release habe, mal verkürzt, mal durchgerissen, mein Anker einmal an der Wange klebt, einmal neben der Wange schwebt - dann lernt mein Hirn Korrekturen, beim nächsten Mal ist es anders, es kommt zur Gegenkorrektur, etc. Man wird sogar damit was treffen, aber dann sind wir halt eher bei Körper als bei Center.

Wo ich Dir zustimme, dass die Technik nicht "lehrbuchmäßig" sein muss. Wenn ich konstant einen Luftanker 2 cm neben der Wange schießen kann, dann ist das genauso ok.
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Offline Coureur de bois

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Offline Rose🌹

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Das fokussieren eines Punktes und darauf Schiessen ohne weitere Hilfsmittel,
verbunden mit einer astreinen Technik, kann man intuitiv nennen.
Mach ich auf dem Parcours auch, aber wirklich intuitiv ist das nicht.
Durch die Auge Hand Koordination ist es ziemlich egal, wie du stehst, ausziehst, oder den Bogen hältst.
Du triffst trotzdem.

Wer diese Erfahrung nie gemacht hat, der kann das nicht nachvollziehen.
Es gibt genug Beispiele dafür, Schuss aus der Hüfte, der blinde Schuss der letzten Challenge,
meine schlampigen Schüsse aus der Drehung auf Dosen und Wurfscheiben.

https://youtu.be/UWXjd60qufg?si=OodklQiJEaHV-rpg

So ist für mich das intuitive Schiessen auf Ziele mit perfekter Technik der Anfang,
aber nicht das Ende des intuitiven Wegs.

🌹






Offline Irnschen

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Natürlich sollte man im eigenen Interesse einen Schießstil und einen Bewegungsablauf haben, der die eigene Gesundheit nicht beeinträchtigt.
Ich bezweifele allerdings, dass z. B. der in einer Vielzahl von Videos und Büchern genau beschriebene "parallel Stand", so wichtig ist. Ich habe lange versucht, eine gute Technik zu bekommen und habe auch sehr viel darin investiert. Ich musste lernen, dass eine gute Technik, auch für einen intuitven Schützen nicht hinderlich ist aber nicht annähernd so wichtig wie oft beschrieben.
Ein berittener Bogenschütze kann da ein bisschen die Augen öffnen.


Offline Bambus

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@Irmschen, genau so is es.
Wenn man einen "variablen" Stil (freundlich gesagt) schießt muß sich das Gehirn mehr Parameter merken als bei einem immer reproduzierten "Lehrbuchstil".

Und in dem Druck und dem damit einhergehenden Zweifeln, die Haltung und den Stil (mehr oder weniger perfekt) reproduzieren zu können liegt zum einen der Übergang zum Systemschießen (wie im Film in einer Endausprägung beschrieben) und zum Anderen ein Kern zu einer möglichen Targetpanik (s.u.). Das Beispiel mit den berittenen Bogenschützen zeigt es deutlich. Der "Nachteil" ist aber auch offensichtlich - man muß sehr, sehr viel mehr üben damit das Gehirn alle möglichen Parameter der Hand/Auge Koordination erleben, erlernen und reproduzieren kann. Ist deutlich mehr Aufwand und dauert länger, klar.
Viel mehr!
Aber die Spannweite deiner Fähigkeiten, dich auf andere Bedingungen einzustellen ist dann auch viel größer als beim Systemschützen.

Jedem fixen Stil dem man sich unterwirft, um Erfolg zu haben wohnt auch immer der Zweifel bei, ob man ihn wirklich sauber reproduzieren kann (denn davon hängt das treffen ab) - und schon ist man, so man erfolgsgetrieben ist, auf der abschüssigen Bahn hin zur Targetpanik. Mancher verkraftet diesen Druck besser mancher nicht.
Ähnliches (aber eben nicht Targetpanik) kann auch beim intuitiven Schießen geschehen, wenn man sich seiner selber nicht (mehr) sicher ist, also Selbstzweifel bekommt.  Typische Situation ist die 1-Pfeil Hunterrunde. Nach 4 oder 5 Fehlschüssen kommen leise Zweifel auf, aber mit dem nächsten Treffer, selbst wenn der Zufall eine Rolle gespielt haben sollte kann sich der Intuitivschütze wieder fangen.

@bourne, natürlich ist ein immer reproduzierter Anker, wo er auch sein mag, ein Teil eines Systems... das liegt schon im Begriff der "Reproduktion". Und du unterschätzt die Möglichkeiten des Gehirns ganz erheblich. Natürlich erkennt das Gehirn, ob ein Schuß gut war, ob der Ablaß sauber oder verrissen und was die Folgen für den Pfeilflug sind. Deswegen sind auch die "schlechten" Schüsse für das Lernen genau so wichtig wie die guten und die sogenannten Zufallstreffer. Aus ALLEN lernt das Gehirn. Selektiv nur sogen. erfolgreiche Schüsse zu "lernen" wäre dumm und vergibt einen Riesenschatz an Erfahrungen. Es gibt beim Weg des intuitiven Bogenschießens keine "schlechten Beispiele"!

IMHO werden hier zudem die Übergänge zwischen System- und Intuitivschießen etwas stiefväterlich behandelt. Das ganze ist nicht schwarz/weiß. Die Komponenten eines systematischen Schießstils lassen sich durchaus mit intuitiven Elementen kombinieren. Und man kann zwischen beiden reinen Ausprägungen hin und herwechseln, auch mit gutem Erfolg.
Vielleicht fällt mir ja noch was ein...