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Grundsatzbemerkung zum Thema: Welches Sehnenmaterial für welchen Bogen?


Offline Rose🌹

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Ohne Sehne ist jeder Bogen nur ein schlechter Knüppel,
und ich liebe gut erzählte Geschichte.

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Offline von Hermannsburg

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Grundsatzbemerkung, Fortsetzung 5,

Höher - Schneller - Weiter, diese in den Genen der Menschheit "hinterlegten" Eigenschaften bekamen nun auch im Bogensport in Verbindung mit dem weltweit einsetzenden boom eine größere Bedeutung. Bei dem Sehnengarn hatte man die Schwachstellen der gesponnenen und gezwirnten pflanzlich basierten Garne durch ein industriell endlos gesponnenes Filamentgarn Dracon /Polyester überwunden und mit dem Bogensehnengarn Fast Flight auf Basis HMPE Polyethylengarn stand  jetzt ein noch leistungsfähigeres Garn zur Verfügung.
Die USA als Land der unbegrenzten Möglichkeiten hatten nach dem 2. Weltkrieg die in Deutschland für Kriegszwecke zur Serienreife entwickelten Strahltriebwerke, die im Jagdflugzeug Messerschmidt ME 262 eingebaut waren, für den militärischen und zivilen Zweck weiterentwickelt. Ebenso waren die maßgeblichen deutschen Raketentechniker in die USA gelangt und hatten dort ihre Fähikeiten und Erfahrungen zur Verfügung gestellt, um für den militärischen Bereich sogenannte Interkontinental-Raketen und für den zivilen Bereich sogenannte  Trägerraketen herzustellen. Letztere ermöglichten den USA, den ersten bemannten Mondflug in 1969 durchzuführen, Nachrichten- und Spionagesatelliten in Weltraum zu schicken und dort auch bemannte Weltraumlabore zu plazieren.
Seit der Besiedlung des nordamerikanischen Kontinents bis heute ist die amerikanische Zivilbevölkerung mit Handfeuerwaffen hochgerüstet.
Nicht nur In diesem Land - aber hier besonders - wird der Bogen und vergleichbare Geräte wie die Armbrust als Jagdwaffe eingesetzt. Der herkömmliche Bogen hatte deshalb in der zurückliegenden Zeit schon Weiterenwicklungen erfahren und auch die Wurfarme  wurden materialsmäßig und in der Geometrie verbessert. Trotzdem reichte das nicht aus, um das dort zu bejagende Großwild waidgerecht zu erlegen.
Nicht nur deshalb erarbetete man ein neues sehr viel leistungsfähigeres Bogen-System, das als Compoundbogen bekannt wurde. Allerdings erreichte das Sehnengarn Fast Flight bei diesen Bögen relativ schnell seine Grenzen, die zu beheben bzw. auszumerzen waren.
Man kam auf die Idee, dem Sehnengarn Fast Flight in der Herstellung beim Spulvorgang einen bestimmten Anteil des Vetrangarnes beizumischen. Vectran ist ebenfalls ein endlos gesponnenes Filamentgarn, stammt von einem anderen Polymer  und hat gegenüber Fast Flight  ein niedrigeres E- Modul und einen etwas nidrigeren Elongation Wert. Damit wollte man die für einen Compoundbogen notwendige höhere erreichen. Im Laufe der Zeit gab es im Sehnenbereich eine Reihe von Versuchen, auch mit unterschiedlichen Mischungen, und es sind noch verschiedene Produktnamen bekannt:
S4, UltraCam, XCel, TSPlus BCY450, BCY 452x. Die beiden zuletzt genannten Garntypen sind noch Bestandteil des  aktuellen BCY-Sortimentes wobei 452x jetzt eine andere leistugsfähigere Vectran Garntype erhalten hat; für das neue Garn ist der bekannte  Produktname so geblieben, hat aber nur eine ergänzende AlphaBezeichnung erhalten.
FORTSETZUNG folgt.
Gruß

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Offline von Hermannsburg

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Grundsatzbemerkung, Forsetzung 6,
Im Jahre 1990 wurde BCY gegründet. Hierfür gab es sicherlich vielschichtige Gründe, die vorwiegend aus den seinerzeitigen Verhältnissen des Bogensport-Marktes in Nordamerika erklärt werden können. Ein wichtiger Grund ist sicherlich das weltweit bedeutende Anwachsen des Bogensportmarktes gewesen, zum anderen ist es auch möglich, dass Brownell - bei denen eine sehr traditionell geprägte Handlungsweise und Unternehmensstrategie festzustellen war - nicht immer im Sinne und zur Zufriedenheit der internationalen Bogensportfamilie und deren Ansprüche agierte.
Das Unternehmen Brownell wurde schon 1844 gegründet und stellte zunächst Bekleidung her. Der Enkelsohn des Firmengründers mit Namen Crary erweiterte die Produktion mit Geweben für den technischen Bereich. Dieser Crary Brownell wandte sich dem  Bogensport zu., wurde ein passionierter Bogenschütze und begann 1922 mit der manufakturmäßigen Herstellung von Sehnengarnen. Aus diesem Bogensport-Hobby heraus gab es auch eine Verbindung zur bogensportbesessenen Familie Hoyt. Earl Hoyt, damals schon bekannt als versierter Bogenbauer, gründete aufgrund dieser Passion 1931 seine eigene Firma, die aufgrund beispielhafter Bogenkonzepte und Neuentwicklungen weltweit eine große Bedeuung bekam, die bis heute anhält.
Den Aktivitäten der Familie Hoyt ist auch wesentlich zuzuschreiben, dass ab Mitte der 80er Jahre das HMPE Garn Spectra von Brownell zum Bogensehnengarn FastFlight konfektioniert wurde und damit eine der größten Leistungssprünge der letzten 30 Jahre im Bogensport erfolgte.
Mitglieder der Familie Hoyt haben noch jahrelang großen Wert auf diese Darstellung gelegt.
Die Entwicklung an weiteren neuen und leistungsstärkeren DSM Dyneema Garnen, für der holländische Chemiefaserproduzent Patentrechte hielt, war bis in das Jahr 1990 weiter fortgeschritten. Den beiden ersten Anfang der 80er Jahre vorgestellten Garntypen SK60 und SK65  - garntechnische Grundlge für das in den USA in Lizenz hergestellte Spctra Garn als Vorstufe zum Bogensehnengarn Fast Flight - folgten Anfang der 90er Jahre als sogenannte zweite Produktionsgeneration die Garntypen SK75, SK76 und SK78 nach gänzlich neuen Produktionsverfahren in Verbindung mit wesentlich besseren Leistungsparametern gegenüber SK60/SK65.
DSM Dyneema HMPE Garne als Vorprodukt-Ausgangsbasis für Halb- und Fertigerzeugnisse hatten sich inzwischen größere und vielseitige Verwendungsfelder im technischen Bereich erobert. Dazu gehörten unter anderem Segelflugzeug-Startwindenseile,Transport- und Festmachereseile, Hubschrauber-Außenlast-Transportsceile, Kletterseile für das Bergsteigen, Fischernetzen, Takelage von Segelbooten, Bandschlingen für Tragesyteme, Angelschnüren und  - fast hätte ich es übersehen - Bogensehnengarne.
Aus Sicht von BCY in einen bestehenden  und florierenden Markt für Bogensehnen einzusteigen, ist nicht ganz einfach, will gut überlegt sein, aber da dieses stark anwachsende Absatzvolumen einen länger anhaltenden Geschäftserfolg "versprach", lohnte sich diese Investition. Ungeschckt ging BCY dabei nicht vor.
Fortsetzung folgt.
Gruß
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Offline Stringwistler

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  • Der Bogen schießt... aber die Sehne trifft...
    • Bestandssehnen vom Stringwistler unter.....
Ungeschickt... sind auch in keinster Weise deine fungierten Ausführungen hier... 😄

Danke Walter... 😄👍🏻
Servusla, Gruß Guidl...

https://stringwistler.blogspot.de/

bald nen Spatz TD vom Chris😉
Stegmeyer TD- Hybrid 60"40lb@30"
Gravity Janus 17"ILF mit dito.
White Feather Lark 19"Junxing Pharos Hybr.63",
Jensbows Rayden 64"-38lb.3stripes-rubyred, 65"ILF-Amey XGS Ghosthand+Bosenbows doplCarbonFoamLBs


Offline roscho

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@  von Hermannsburg:   :klasse: :thankyou:
Bogenschiessen ist einfach, aber nicht leicht ;)

"Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk,
und der rationale Verstand ein treuer Diener.
Wir haben eine Gesellschaft erschaffen,
die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat."

* Albert Einstein


Offline Odin

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@ von Hermannsburg: super, hochinteressant :yes:
....oder, ums mit "Dirty Harry" Callahan zu sagen:
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Offline Kreta

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Bogensport Historiker anhand des Sehnenmaterials. Chapeau Walter und Danke dafür.

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Offline aquadrat

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Wow, DANKE!!!
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Bogen der Saison: Win&Win CX7, Uukha Irbis medium 40#, Spiga ZT, Shibuya Button, Avalon BB Gewicht je 184g Mitte und Unten, RCore "The Master", 18 Stang FF+ Endlos -> IFAA BH-R od. WA BB 32#@29,25", 68"


Sunka

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Sehr schöne Ausführungen und vielen Dank für die ganzen Infos.

Aus welchem Material waren denn die ersten Bogensehnen, die Crary Brownell vor 100 Jahren herstellte?
Gibt es auch Informationen zu der Machart der Sehnen (endlos oder gespleist)?


Offline Alias

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@ von Hermannsburg: Informativ UND spannend - toll, herzlichen Dank. Wie schätzt du dabei die Weiterentwicklung in den kommenden Jahren ein ?


Offline von Hermannsburg

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Sehr schöne Ausführungen und vielen Dank für die ganzen Infos.

Aus welchem Material waren denn die ersten Bogensehnen, die Crary Brownell vor 100 Jahren herstellte?
Gibt es auch Informationen zu der Machart der Sehnen (endlos oder gespleist)?
Sunka,
es waren sicherlich gesponnenes und gezwirntes Garn aus pflanzlichen Fasern wobei vermutlich die einheimischen Indianer Bogensehnen aus Lederstreifen oder Tiersehnen verwendeten.
Gezwirntes Garn erhielt bei der Verwendung zu Bogensehnen neben dem Spinnen und Zwirnen noch ein weitere Stabilität / Festigkeit in dem man zwei oder drei notwendige Garnstränge zueinander verdrillte. Da man für diese Sehnenstränge keine Knoten wegen zu geringer Haltbarkeit anwenden sollte, wandt man dafür zur Herstellung der Wurfarmschlaufen den flämischen Spleiß an. Zunächst nur einfach mit einem sogenannen Bogenbauerknoten auf der anderen Seite und später doppelt gespleißt, was bedeutete, dass die Sehnenohren auf beiden Seiten flämisch gespleißt waren.
Endlos Sehnen konne man dann erst herstellen, als vollsynthetisches Filamentgarn endlos produziert wurde.
Gruß
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Offline von Hermannsburg

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@ von Hermannsburg: Informativ UND spannend - toll, herzlichen Dank. Wie schätzt du dabei die Weiterentwicklung in den kommenden Jahren ein ?
Alias,
ich komme darauf später zurück und will die Antwort heute noch nicht vorwegnehmen.
Gruß
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Offline von Hermannsburg

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Grundsatzbemerkung, Fortsetzung 7,
Ich selbst habe in 2007 mit dem Ausscheiden aus dem Berufsleben erst im Alter von 65 Jahren mit dem Bogensport begonnen, vereinsgebunden und mit Trainer (Trainerschein C). Übungs- und Lehrbogen war  üblicherweise ein Holzbogen mit 22 lbs. Zuggewicht und Visier. Da ich zuvor 35 Jahre in der Textilindustrie  (Produktionsbetrieb) gearbeitet hatte und im Rahmen verschiedener Leitungsfunktionen auch die damalige deutsche und westeuropäische Chemiefaserindustrie in ihren Produktionsstandorten und mit ihren Produktionsabläufen kennengelernt hatte, interessierte mich besonders, aus welchem Polymer das Sehnengarn gefertigt war. Auf meine Frage erhielt ich die Antwort: Auf dem Übungsbogen besteht die Sehne aus B50 Dracon,  und wenn Du deinen eigenen Bogen haben wirst, nimm Fast Flight, das ist das beste Sehnengarn, was es gibt. Für einen "alten Textiler" eine völlig unbefriedigende Auskuft.
Nachdem sich meine Grundkenntnisse und Leistungen ausreichend im Bogensport entwickelt und gefestigt hatten, und ich in der Klasse olympischer Recurve meinen eigenen Bogen (Hoyt Avalon Plus) mit leistungsorientierten Absichten nutzen konnte, fing ich an, das für mich interessante und bislang unbeantwortete Thema Bogensehnengarn zu bearbeiten.
In meiner in  2013 zusammnengestellte Produktübersicht standen folgende nach Produzenten /Konfektionären getrennte Garne:
Angel/Japan: Majsty String, ASB String
Brwnell/USA: B50, FastFlightplus, D75 thin, UltraCam,S4,Xcel, Astro Flight
BCY/USA: B55, DynaFlight 97, DynaFlight 10, 450plus, 8125, 8125 Formula G, 8190.
(Diese Aufzählung hat nicht den Anspruch, vollständig zu sein; falls allgemein Interesse besteht, kann ich hierfür auch die DSM Dyneema GrundgarnTypen zuordnen).
In der Zwischenzeit hatte es auch einen deutschen Bogensehnengarnkonfektionär gegeben. Es handelte sich um GIGABOW, Bernd Kluckert, Sarsted, der von der Angelrutenschnüren-Seite kam und folgende Bogensehnengarne anbot: S1, S3, XP-170 sowie S-Zero. Gigabow hatte sich aber in 2013 schon aus dem Bogensehnen-Markt zurückgezogen.
Seit dem Eintritt von BCY in den Anbietermatkt von Bogensehnengarnen hatte es auf der Seite der Bogensportkomponenten keine  technische Weiterentwicklung gegeben, die gerechtfertigt hätte, das Sehnenangebot mit verschiedenen Garnen so anwachsen zu lassen. Es gab inzwischen eine Vielzahl von Anbietern beim olympischen Recurve, auch bei den traditionellen Holzbögen und besonders mit zunehmendem technischen Fortschritt und Anwachsen der Zugkraft bei Compoundbögen, trotzdem konnte daraus nicht abgeleitet werden, dass die Produktpalette der verschiedenen Bogensehnengarne immer größer wurde.
Was waren doe Gründe?
Fortsetzung folgt.
Gruß
Walter
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Offline saltimbokka

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@ von Hermannsburg: sehr interessante Einblicke, vielen Dank dass du das mit uns teilst