Drei kleine Vorbemerkungen
Erstens, ist das meine Premiere in der ILF-Welt. Ich hatte bisher nur Einteiler oder Schraubwurfarme.
Zweitens, ich habe dieses Mittelstück gekauft, ohne es je in natura gesehen oder befingert zu haben. So was sollte man eigentlich nicht machen, aber die Gelegenheit war günstig und dann übernimmt manchmal das Unterbewusstsein. Meine Kritik ist also kein Gemaule aus Enttäuschung - das wäre wohl doch zu peinlich – sondern ganz nüchtern.
Drittens, bin ich eher Pragmatiker als Ästhet, wenn´s um Bogen geht. Wenn´s gut funzt, dürfte es auch dämlich aussehen (muss es aber nicht).
Hersteller: Jackalope Archery
Modell: Obsidian, ILF-Mittelteil, 21“, RH
Material: Amazaque und Teknowood
Gewicht: 780g (gewogen)
Preis: ca. 340,-€
Wir gesagt, die Gelegenheit war günstig. Mein Exemplar ist sog. B-Ware mit einem Kratzer auf dem Rücken. Und dann gab´s noch Frühlingsrabatt. Und „zack“, war das Mittelteil im Einkaufswagen.
Der Kratzer stellte sich für mein Empfinden als belanglos heraus. Das hatte ich auffälliger erwartet, aber natürlich kann eine Händler so was nicht als makellos verkaufen. Eventuell kann man auf dem Foto auch die zwei vorhandenen Lacknasen erkennen. Mich stören sie ebenfalls nicht (siehe Vorbemerkung Nr. 3).
Die ILF-Hardware macht auf mich einen soliden Eindruck. Ich gehe davon aus, dass es sich um Aluminium handelt. Optisch ist sie sauber montiert (gerade, mittig, auf beiden Seiten gleich). Die Fräsungen im Holz sind sauber und symmetrisch ausgeführt. Die Tillerschrauben lassen sich leichtgängig verstellen. Konterung erfolgt vom Schraubenkopf per Madenschraube (Achtung: Fällt gern auf den Boden!). Inbusschlüssel passen an allen Schrauben einwandfrei.
Bis hierher also eigentlich alles sehr zufriedenstellend. Es könnte das ideale ILF-Holz-Mittelteil für mich sein, wenn, ja wenn der Griff nicht wäre, wie er ist.
Der Griff ist zunächst mal sehr voluminös mit Tendenz zur Klobigkeit. Das kann natürlich auch an meinen Händen liegen, die mit Handschuhgröße 9 einfach nicht groß genug gewachsen sind. Das ist also kein Mangel des Mittelstücks, aber eine Besonderheit.
Ich schieße mit nahezu geöffneter Bogenhand. Nur der Zeigefinger liegt leicht auf dem Bogenrücken auf. Eigentlich dürfte sich das Volumen des Griffes gar nicht so negativ bemerkbar machen. Aber irgendwie will sich kein sicheres Gefühl einstellen. Ich habe die ganze Zeit den Eindruck, ich müsste entweder mit der Muskulatur des Daumenballens oder aber durch Greifen aller Finger das Mittelstück daran hindern, sich in meiner Hand zu drehen. Ein gut reproduzierbarer Druckpunkt will sich nicht einstellen. „Das wird aber ´ne echte Umgewöhnung“, denke ich bei mir.
Das Schicksal kommt mir zur Hilfe. Tom Clum sr. erklärt in einem Podcast auf thepusharchery.com die Details des Griffs der Bogenhand, wie Kisik Lee es lehrt. Quasi nebenbei erwähnt er, dass er einseitig abgerundete Griffe weder besonders ergonomisch noch physiologisch sinnvoll findet. Wichtig sei es, dass die Grifffläche (aus der Perspektive des Rechtshandschützen) auch auf der linken Seite eine klar definierte Linie/Kante hätte. Außerdem sei eine geneigte aber flache Grifffläche, einer abgerundeten vorzuziehen.
Ja, wenn das so ist! Runter in den Keller und die gröbste Raspel zur Hand. Kurz noch von der Möglichkeit eines Wiederverkaufs verabschieden: dann rieseln die Späne. 5 Minuten und eine Schicht Klarlack später ist das Design für meine Bedürfnisse drastisch besser als die Serienausfertigung. Ich habe absichtlich nichts geglättet und geschliffen, denn so hat die Grifffläche richtig Grip. Beim Schießen gibt’s jetzt einen definierten Druckpunkt und vor allem das Gefühl von „Rausdrehen“ ist weg.
Fazit:
Im Moment bin ich recht zufrieden. Eventuell zücke ich die Raspel noch mal, um die Sache weiter zu optimieren. Meiner Einschätzung nach, könnte noch einiges Holz abgetragen werden, ohne die Stabilität zu gefährden. Würde ich das Jackalope Obsidian ILF-Mittelteil noch mal kaufen? Eher nicht. Zu meiner Hand und meiner Art zu greifen passt es ab Werk nicht. Weil mein Exemplar aber deutlich preisreduzierte B-Ware war, lag meine Hemmschwelle sowohl beim Kauf als auch beim „Handanlegen“ erheblich niedriger als gewöhnlich. Als modifiziertes Unikat gefällt es mir ganz gut, und wird mir gewiss noch längere Zeit Freude bereiten.
P.S.: Ich habe gegenwärtig die Core Ignite Wurfarme in der langen Ausführung mit 26lb montiert. Das ergibt einen 66“ Bogen.