Hallo von Hermannsburg,
es regnet wieder und ich kann nicht Bogen schießen, habe ergo Zeit für unsinnige theoretische Betrachtungen...
Zum Thema Hybridgarne:
Da habe ich glaube Deine Tabelle tatsächlich falsch gelesen. Du hast ja die Bestandteile jeweils anteilig einzeln mit deren Werten aufgeschlüsselt. Wenn ich das jetzt richtig sehe muss ich z.B. für BCY452x die Festigkeit des Dyneema Anteils und die des Vectran Anteils addieren, um auf die Festigkeit des Stranges zu kommen, also 49,37kg + 9,59kg = 58,96 kg je Garnstrang ?
Damit wäre das 452x in Relation zum Gewicht verglichen mit den anderen Garntypen wieder das "Leistungsfähigste" (geringstes Sehnengewicht bei gleicher Festigkeit).
Zum Thema Vergleichbarkeit und Strangzahlen:
Die Garne haben alle unterschiedliche Leistungsdaten, diese aber sind m.E. nach durch die unterschiedlichen Gewicht/Länge (dtex) Werte schwer bis gar nicht untereinander zu vergleichen. Du hast die Festigkeit als entscheidenden Parameter für die Dämpfung genannt. Daher habe ich einfach die von mir verwendeten Materialien auf die gleiche Festigkeit gerechnet. Warum soll das praxisfremd sein? Was da bei mir als Beispiel rauskommt halte ich schon für real verwendbar (14Strang 452x vs. 22Strang Mercury vs. 20Strang Fury, hört sich für mich alles normal an. Und verwende ich so auch auf meinen Bögen mit um 40#)
Die empfohlenen Strangzahlen der Hersteller kann ich jedoch nicht so ganz nachvollziehen.
Wenn man sich strikt daran hält, bekommt man mit zunehmend weiterentwickeltem Garn eine immer höhere Festigkeit der Sehne. Die ist doch aber wenn ich das richtig verstehe sowieso weit jenseits dessen was überhaupt benötigt wird. Ist es dann denn nicht so, dass dadurch eine Überdimensionierung erzeugt wird, die eben das Material des Bogens eher stärker belastet (weniger Dämpfung)?
Noch dazu erhalte ich dann auch noch eine immer schwerere Sehne, aus meiner Sicht eher ein Nachteil.
Das meinte ich mit "dicken Tauen".
Deinen Ausführungen zur Strangzahlwahl je nach gewünschter Dicke der MiWi / Nocke kann ich auch nicht folgen. Ich wähle beim Sehnenebauer meines Vertrauens die Strangzahl weitestgehend frei aus (passend zum Bogen eben, und nicht zur Nocke), und bekomme die MiWi trotzdem passend zur von mir verwendeter Nocke - Dank seiner Erfahrung und handwerklichem Geschick passt das immer perfekt.
So kann z.B. mein Junior auf seinem 12# Bögelchen mit einer 8Strang FF+ (mit entsprechend angepasster, aufgefütterter MiWi) die gleiche Nocke verwenden wie ich auf meinem 40# Bogen mit einer 22Strang Mercury.
Zum Punkt schnelle Sehne:
Sicher ist Speed nicht alles. Aber ich will doch als Schütze den technischen Fortschritt auch nutzen.
Wenn die Materialien immer fester werden, ist für mich der logische Fortschritt bei gleicher Festigkeit mit weniger Querschnitt und weniger bewegter Masse auszukommen.
Und die Frage nach der Rolle die hierbei die Elastizität spielt bleibt noch immer noch unbeantwortet.
Ich meine hier die rein elastische Verformung des Materials beim Abschuss. Die ist ja bei gleichem Material- Querschnitt nur vom E-Modul anhängig. Vergleichen wir mal der Einfachheit halber nur die Dyneema Typen SK75 (FF+) und SK99 (Mercury):
Die Dichte ist sehr ähnlich, also wird der Querschnitt der Sehnen bei gleichem Gewicht auch etwa gleich sein.
Eine 14Strang FF+ und eine 22Strang Mercury sind dann in Masse und Querschnitt nahezu gleich. Die Mercury hat 7% mehr Festigkeit, vermutlich wurscht. Aber die Mercury hat den deutlich höheren E-Modul, also eine geringere elastische Dehnung, sollte also die Kraft direkter an den Pfeil übertragen können, und somit effektiver sein. Natürlich federt sie auch weniger wenn der Pfeil weg ist und die WA gestoppt werden.
Ist das jetzt reine Theorie, oder tatsächlich praxisrelevant?
Und an diesem Punkt würde ich das Ganze in der Theorie auch beenden wollen. Ich habe mittlerweile einen netten kleinen Fundus unterschiedlicher Sehnen, die ich gerade auch untereinander für mich persönlich vergleiche. Die Unterschiede scheinen mir rein subjetiv, als noch eher unerfahrener Schütze, jedoch gering. Gerade deshalb habe ich mir bisher noch kein endgültiges Urteil bilden können.
Den Rat seines Sehnenbauers einfach zu befolgen, und sich selbst gar nicht zu sehr mit den Feinheiten zu befassen, scheint mir übrigens auch nicht gerade der schlechteste Weg zu sein