Archers Campfire

Praktische Überlegungen zum Thema Khatra.


Offline robin hosch

  • Erfahrener
  • ****
    • Beiträge: 303
Hallo,

Khatra ist ja ein mancherorts heiß diskutiertes Thema, die einen halten es für Mumpitz
die anderen erhoffen sich eine fast schon unglaubliche Steigerung der Pfeilgeschwindigkeit davon.
Worum geht es? Khatra ist eine Dreh-/Kippbewegung der Bogenhand, die den Pfeilflug verbessern soll.
Man unterscheidet in Seitwärts-Khatra (sehr deutlich im japanischen Kyodo, auch bei den Koreanern zu finden), also in einer Drehbewegung des Bogens,
Vorwärts-Khatra(zu finden im osmanischen Bogenschießen, auch scheinbar recht beliebt in Südostasien), also ein nach vorne kippen des Bogens
und in der Kombination von beiden Bewegungen.
Im folgenden meine persönlichen Erfahrungen und Überlegungen zu diesem Thema.
Ich sehe sie nicht als in Stein gemeißelte Wahrheiten, sondern sie reflektieren nur meine persönliche Entwicklung als Daumenschütze.
Worum geht es eigentlich? Darum einen nicht ideal abgestimmten Pfeil gerade aus dem Bogen zu bekommen!
Der traditionelle mediterrane Schütze (der seine Pfeile sauber ausgeschossen hat) lacht da vielleicht drüber,
aber ich schieße ein und den selben Pfeil auf unterschiedlichen Bögen mit Zuggewichten von 35-54lbs.
Das betrachte ich durchaus als vorteilhaft.
Was bewirken die einzelnen Varianten das Khatras?
Beim Seitwärts-Khatra geht es darum, daß das Pfeilende nicht am Bogen anschlägt und der Pfeil nicht seitlich abgelenkt wird.
Nicht der Pfeil schlängelt sich um den Bogen, der Bogen macht dem Pfeil Platz!
Hier zwei anschauliches Videos, bei denen gezeigt wird daß das wirklich funktioniert:
https://www.youtube.com/watch?v=C1-mw_QNk0Q
https://www.youtube.com/watch?v=iDn7bb-OBPY
Vorwärts-Khatra dreht die Pfeilauflage (Daumen der Bogenhand) aus dem Weg. Es ist fraglich ob dies überhaupt notwendig ist.
Ein einnocken mit korrekter Überhöhung nimmt sich ja diesem Problem an. Des weiteren kann Vorwärts-Khatra dazu dienen um ein kollabieren des Auszugs
beim Ablass zu vermeiden. Dazu später mehr.
Jetzt ist ja Youtube für den den Lernenden eine Quelle des Wissens.
Oft aber auch ein "wie sollte man es nicht machen"!
Ich habe schon viele Daumenschützen auf Youtube beobachtet die eine Kipp/Drehbewegung nach dem Schuss ausführen.
Was bewirkt das? Genau, gar nichts!
Der Pfeil hat in einem Bruchteil einer Sekunde den Bogen verlassen. Wie erreiche ich eine schnell genuge Ausgleichsbewegung des Bogens?
Meiner Meinung nach ist dies mit einer bewussten Bewegungsausführung unmöglich.
Wenn ich aber den Bogen schon vor dem Auszug mit einer gewissen Entschlossenheit greife (und zwar mit dem kleinen Finger am kräftigsten),
passiert folgendes:
Dadurch dass man den Bogen ja immer leicht verdreht zum Unterarm greift, entsteht eine leichte Torionsspannung.
Durch das starke Greifen mit dem kleinen Finger entsteht eine leichte Kippspannung (Wiederlager ist zwischen Daumen und Zeigefinger).
Beim Ablass lösen sich die Spannungen und die Dreh/Kippbewegung setzt unmittelbar ein.
Ich habe bewusst nicht fest greifen geschrieben, da alle unbeteiligten Muskelgruppen entspannt bleiben sollen.
Ein übermäßiges festes (verkrampftes) Greifen führt nicht zum Ziel.
Im Vollauszug sollte alles in Balance sein, das Zuggewicht findet seine Entsprechung in der Rückenspannung, die Dreh- und Kippspannung in den entsprechenden Muskeln, alle anderen Muskeln sollten entspannt sein!
Das festere Greifen mit hauptsächlich dem kleinen Finger, fühlt sich anfangs unnatürlich an.
Man kann das ganz gut üben indem man den Bogen ausschließlich mit dem kleinen Finger greift.
Ein funktionierendes Khatra muss optisch nicht in sehr deutlichen Bewegungen resultieren.
Man kann aber die initialen Bewegungen weiterführen, und das macht irgendwie Spaß und entspricht einem Nachhalten.
Jetzt noch zu dem Vermeiden eines kollabieren des Auszugs beim Ablass.
Ich initiiere den Ablass mit der Bogenhand, indem ich den Druckpunkt zwischen Daumen und Zeigefinger auf das Ziel zu bewege.
In meiner Vorstellung ziehe ich die Sehne aus der Zughand heraus.
Das Lösen in der Zughand folgt völlig unbewusst.
Ich hoffe ich habe dem ein oder anderen (Gelegenheits-)Daumenschützen eine Anregung gegeben.

Viel Grüße,
Holger
« Letzte Änderung: Juli 03, 2020, 12:14:38 Vormittag von robin hosch »


Offline ßimon thumb

  • Erfahrener
  • ****
    • Beiträge: 405
Schön geschriebener Text. Ich mag bloß hinzufügen, dass falls ein Interessierter die Textquellen zur Khatra lesen mag, ob nun in Übersetzung oder eben in dem arabischen und dem kiptschakischen Originaltext, die Youtube-Darstellungen zu hinterfragen sind.


Offline Gekko

  • Erfahrener
  • ****
    • Beiträge: 313
Hallo,

ich mache das genau so wie du.
Der Bogen wird "vorgespannt" dass er sich in dem Moment wo die Gegenkraft durch den Auszug wegfällt in der gewünschten Art bewegt.

Ob Alles gepasst hat sieht man dann sofort am Pfeilflug, wie auch auf deinen Videos schön zu sehen.
Wenn der Pfeil wie an der Schnur gezogen rausgeht hast Alles richtig gemacht.
Außerdem schießt man Daumentechnik ja ohne Armschutz.
Da wird man dann auch nochmal dran erinnert wenn die Technik schlampig war.

Geschwindigkeitsvorteile misst zB Armin Hirmer in seinen Videos regelmäßig.
Kommt wohl daher dass durch die "Vorspannung" mehr Kraft im System ist.
Die von ihm gemessenen Hand voll FPS halte ich aber für eher nebensächlich.


LG
Wolfgang
Man kann nie genug Pfeilchenbeschleuniger haben...


Offline Coureur de bois

  • Robin auf der Hut
  • *****
    • Beiträge: 526
  • feministische Burschenschaft Hysteria...
im zweien Video sehe ich das der Pfeil schon den Bogen komplett passiert hat und dann der Schütze die Hand dreht....Frage was ist das anderes an "nicht nachhalten"?
coureur
Friedrich LB,
Ballweg Sperber, Bambus
Robinie Selfbow,
"Reiter"Double-Wave
"ich brauche keine Mitfahrgelegenheit, ich
brauche Munition"
Holz, Alu und Carbon
Hoyt Satori mit Uukha Uureg
Border 17" ILF mit Uureg


Offline kungsörn

  • Wohnt am Lagerfeuer
  • *****
    • Beiträge: 748
Der Drehpunkt des Moments liegt nicht im Handgelenk, sondern in der (um die) senkrechten Mittelachse des Griffes.
Beim Lösen wirkt dieses Moment unmittelbar auf den Sehnenweg ein, da ja die Torsionsspannung aus dem Griff auch bis in die Tipps reicht.
Die Sehne wird beim Lösen aus dem Daumen weiter aus der Pfeilachse (Taumelbewegung durch Ablass) bewegt als ohne Khatra. :bow:
Die Drehbewegung im Handgelenk hat damit also nur bedingt zu tun.
Niemals fesselt mich ein Band, riegelt mich ein Riegel
Suchte meinesgleichen, fand nur Sünder ohne Zügel
(In Extremo, "Sünder ohne Zügel")


Offline Coureur de bois

  • Robin auf der Hut
  • *****
    • Beiträge: 526
  • feministische Burschenschaft Hysteria...
Da halte ich mich doch an die in "WAR OF THE ARROWS" gezeigte Technik...wobei das Kippen der Sehne, die seitliche Ablenkung verhindert, d.h. die Sehne streckt sich bevor sie nach vorn den Pfeil beschleunigt
für mich der richtige Weg für Däumlinge...
coureur
Friedrich LB,
Ballweg Sperber, Bambus
Robinie Selfbow,
"Reiter"Double-Wave
"ich brauche keine Mitfahrgelegenheit, ich
brauche Munition"
Holz, Alu und Carbon
Hoyt Satori mit Uukha Uureg
Border 17" ILF mit Uureg


Offline robin hosch

  • Erfahrener
  • ****
    • Beiträge: 303
Du meinst den "Stringtwist" (Mafruk)?
Ein Kapitel für sich, aber sicher auch eine Betrachtung wert...