Archers Campfire

Nr. 5 lebt! - Doku des ersten Bogens


Offline Crat

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Guten Abend,

das Ding mit den Nummern habe ich ja schon hinreichend erklärt. Nr. 5 ist demnach der erste wirklich "ambitionierte" Bogen, der sich nach Abschluss auch Bogen schimpfen darf. Nr. 1+2 sind tot. Nr. 3 pink. Und Nr. 4 hat mir gestern fast die Hand gebrochen, also geht der nochmal in Revision.

Wie auch immer, am Anfang war Licht, und Gott sprach lass dort erklingen AC/DC...nö...eigtl. nicht. Ich glaube als Inspirationsquelle wähle ich diesmal Knorkator. Gesagt getan, ging es dann vor rund 20 Tagen ans Werk. Ich hab mich dann so gut wie möglich an die Schnellanleitung für Ungeduldige, oder auch Papas mit wenig Zeit, trotz Corona gehalten. Bevor das, ging's aber erst mal auf Ressourcentour quer durch'n Taunus:



Wie man sehen kann leuchtete mir Gott auch diesmal den Weg...mitten in eiskalte Matschepampe. Sein Glück das sich in der Nähe auch erwünschtes Haselstämmchen befand. Praktischerweise konnte man entlang der Bach und Fischteiche auch jede Menge einwandfrei gewachsene Pfeilrohlinge aus Hasel und Erle finden. Zu Hause angekommen wurde erst mal die Rinde entfernt und der Rohling geformt, bevor ich ihn dann mit Acryllack versiegelt und 1 Woche zum trocknen abgelegt habe.

Bild 2: Begradigung des nassen Holzes mit Schraubzwingen.

Die Zwischenzeit nutzte ich um neue Pfeilspitzen zu basteln und mir eine "Zielscheibe" aus Sperrmüll zu bauen. Die Schritte beim Pfeilbau-Spitzen: 1. Entrinden, 2. Begradigung mit Schraubzwingen, 3. Vorbohren, 4. mit Cuttermesser einkerben, 5. mit Schlüsselfeile die Nocken aussparen, 6. mit Minihobel und Spitzer Spitze anspitzen, 7. 3x lackieren(Acryl Eintopf), 8. Spitze aufkleben(mit Sekundenkleber), 9. Spitze wickeln(mit Nylon, weil = guter Kleber wenn man's anzündet, ergo besser als Knoten), 10. Isoband straff aufziehen(so flach wie möglich), 11. Schrumpfschlauchgamaschen als Abschluss, 12. Wachs druff



Nach einer Woche ging es dann mit dem Rohling weiter. Hobeln, schleifen und dann offenbarte sich der einzig übriggebliebene Längsriss, der vor weiterer Bearbeitung natürlich erst verleimt werden musste. Ich benutze für alle Verleimungen pauschal Fischleim. Der brauch natürlich deutlich längere Trockenzeit als Ponal.



Desdewege konnte ich dann mit der Befiederung der Pfeile weiter machen. Schritte: 1. Federn in 120° mit Sekundenkleber, 2. Bindung mit Nylon, möglichst nur 2-3x durch die Federn, 3. Isoband über Bindung und alles mit Feuerzeug verkleben, 4. (optional) Gamaschen aus Schrumpfschlauch, 5. Als Endbeschichtung Wachs(egal ob Biene oder Kunstwachs). Zur Pflege nach Nutzung regelmäßige Überholungsbeschichtungen und Säuberung Glycerin-Lappen.



Nachdem dann alle Risse verleimt(Fischleim) bzw. verschlossen waren(Acrylspachtel), konnte der finale Schliff angesetzt werden, der gewünschte Jahresringflammen hervorbrachte. Teilweise hab ich auch noch mit dem Schnitzmesser geschabt, wenn noch dickere Stellen vorhanden waren:

Bild 2+3: verleimte/verschlossene Risse

Zwischendurch entstand auch noch das Papa-im-Covidanzug-Bild. Wie auch immer, die Form war nun gegeben und stabil. Somit konnte meine Lieblingsarbeit beginnen. Deko. Im Prinzip wollte ich nur den Griffbereich absetzen und eine Lederoptik verpassen. Die Wurfarme sollten ihre natürlich Form und Maserung durch Klarlack erhalten. Historie hin oder her, wobei das mit Acryl ja eigentlich schon rum ist, hab ich wo immer sinnvoll praktischen Nutzen dem Vorzug gegeben. Im Fall von Acryl stellt es sich z.B. so dar. Schellack hab ich, kann ich, kenn ich. Ebenso Birkenpech und andere historische Materialien. Man muss hier an einem Punkt ganz klar Nutzwert, Zeitfaktor und Kosten aufwiegen. Und Acryl ist nahezu universell einsetzbar. Hält auf nahezu allen Untergründen. Ist mit nahezu allen anderen Beschichtungsmitteln kompatibel und billig. Nichtsdestotrotz hab ich die erste Schicht mit Schellack gemacht, nur um zu demonstrieren wie der Möbelrestaurator das macht:

Schellack: immer mit Ballen und dann zur Pollitur mit Tripel abziehen(Bild 1)


Im vorletzten Bild sieht man wie ich die Schnurnocken mit Gummi umwickelt habe, um die Schnur zu entlasten, wegen der Kanten. Die Sommer Version sieht man dann im nächsten Bild, und die Version für'n Winter im Bild danach. Außerdem eine Übersicht meiner Zusatzausrüstung: Ultraläufer-Rucksack(quasi Geschirr), Selfmade-Köcher, Werkzeuggürtel mit Fleischerbeil(Machete), Mini-Spaten wenn Spitzen abbrechen und im Erdboden verschwinden, und eine Allzeit bereit Gartenschere, da ich jede Gelegenheit nutze um Pfeilschäfte zu sammeln. Die Ansprüche werden ja immer höher, da nimmt man nicht mehr jeden Schrott.



Und hier nochmal im Einsatz bzw. als Großaufnahme:
« Letzte Änderung: Januar 23, 2021, 10:53:48 Nachmittag von Crat »
Mottos: 1. Ich treffe kaum, hab aber viel Munition...; 2. Kriegsbögen, definitiv Kriegsbögen und Nadelbotkin...; 3. Schuss, Positionswechsel, Schuss, Positionswechsel, Schuss, Positionswechsel etc.
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Offline Stringwistler

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  • Der Bogen schießt... aber die Sehne trifft...
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Was für eine abgefahrene Story... :klasse:
Wohl ein bisschen so abgefahren wie sein Ersteller?...  :Achtung:

Herzlichen Dank für teilen hier, da bin ich ja schon sehr gespannt wie es weitergeht...

😂😂😂
Servusla, Gruß Guidl...

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Offline Crat

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Hmm, das .gif wie ich den Bogen schieße zeigt er iwie  nicht an. Dann muss ich es halt nochmal anhängen.

Edit: Und wenn ich versuche ein .gif anzuhängen, will das Forum einen neuen Beitrag erstellen. Dann halt normaler Link.

https://imgur.com/TKdP9PG
https://photos.app.goo.gl/iiXfjFqpjB82t6X68
« Letzte Änderung: Januar 24, 2021, 07:04:18 Vormittag von Crat »
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Offline Ulrich

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Gratuliere zu den bisherigen gelungenen Werken! Innovativ, improvisationsfreudig, originell!

Hier noch eine Publikation, die sehr viele nützliche Hinweise zu Hölzern und anderen Materialien sowie zum Entstehungsprozess der Bogen enthält.

https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=zak-003:1999:56::347
Wie immer gilt hier: dies ist der neuste Stand des Irrtums


Offline Crat

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Sehr geiler Link. Die Infos sauge ich auf wie ein Schwamm. 45cm Jugendbogen, 130cm für den Papa. Eibe. Gekerbt, nicht geschliffen. Die Rückenseite offenbart das Rinde nur rudimentär entfernt wurde. Der Erhaltungsgrad ist spitze. Sehr schön find ich die Info, dass im Prinzip schon sehr früh in Mitteleuropa keine Eibe mehr vorhanden war(als Massenprodukt). Aus was haben die Römer eigentlich Bögen hergestellt?

Ich stelle mir gerade die Frage warum kein Schliff? War die Notwendigkeit nicht gegeben? Ich mein, Schleifmittel gab es auch in der Steinzeit schon mehr als genug.
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Offline roscho

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Heiße Story ... da steckt viel Enthusiasmus drin !
Bleib so !
Zu dem Römern: die haben gar keine Bögen hergestellt ... Sagitarii wurden zugekauft und waren normalerweise aus Kreta / Vorderasien oder den Steppen
Laut Darstellungen wurden immer Reflexbögen genutzt.
Bogenschiessen ist einfach, aber nicht leicht ;)

"Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk,
und der rationale Verstand ein treuer Diener.
Wir haben eine Gesellschaft erschaffen,
die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat."

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Offline Crat

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Sodelle, als kleiner Nachtrag. Meine Zugwaage ist heute angekommen. Der Pfeil hat etwa 85cm, ich runde mal auf 80cm ab. Erste Bild Kilo, zweite Bild Pfund.



Das ich auf einem Video, das eigentlich ein GIF ist(Skillors kennen bestimmt den Unterschied, Nagetiere eventuell nicht), den Bogen nicht voll ausziehe lag höchstwahrscheinlich daran, dass man bei einem "frischen" Bogen immer etwas vorsichtig(er) ist?

Ich denke für einen Hasel, dessen natürliche Biegung genutzt wurde, ja richtig, er ist nicht in Gegenrichtung gebogen, ist das ganz ordentlich. Die einzige Vorgehensweise die ich in Zukunft ändern muss, ist die Leimart ändern. Fisch- bzw. Haut-/Knocheleim ist jetzt nicht sooo witterungsbeständig. Hätte man vorher wissen können. Aber nichts was drei Tage trocknen nicht wieder in Ursprungszustand versetzt, von daher nochmal Glück gehabt.

Wenn's interessiert. Nach Unterhaltung mit meinem Restaurator-Kollegen. Ausschlaggebend dürfte die hohe Dicke sein. Der Bogen bewegt sich zwischen 2,5cm(mittig) und 1,5-1,7cm an den Spitzen. Die Breite ist etwa 2,5-3cm.
« Letzte Änderung: Februar 03, 2021, 04:24:25 Nachmittag von Crat »
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Offline Stringwistler

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Also so ahb ich auch noch nie einen Bogen gemessen.... :Achtung:
Normal hängst vereinfacht die Waage auf, hängst die Sehne mit den Pfeil an den Waagehaken, ziehst bis zu deinem Auszug nach unten.
Oder du hängst den Bogen auf und ziehst über Umlenkrolle mit Seil und Haken an der Waage hängend die wiederum an der Sehne, nach unten.
Vor Allem solltest du dich mal nicht auf den Wurfarm stellen, denn das kann schon das Zuggewicht sehr verfälschen. :GoodJob:
Außerdem solltest beim schießen mal jemanden einen Strich auf den Pfeil machen lassen bei Vorderkante Bogen. Dann hast in etwa deinen Auszug.
Auf den Bildern von Dir guckt der Pfeil nämlich sehr weit vorne über den Bogen raus.... ;)
Servusla, Gruß Guidl...

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Offline Crat

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@Stringwristler

Wie sehr du Unrecht hast zeige ich dir dann in einem Update über mein Kaufbogen. Da kann ich ohne meine Frau aber noch kein Photo machen. Aber vorab: 1. eine stabile Aufhängung an der Wand muss man erst mal haben bzw. bauen. Wenn ich mir sowas für's Tillern nicht baue, warum dann dafür um den Schwizer zu trollen? 2. Wer sagt, dass du die ultimative Referenz für Messtechniken bist? Vielleicht hast in deinem Leben einfach nix anderes kennen gelernt? ::)

Nach nunmehr 6 Wochen haben sich beim Hasel die ersten Stauchrisse gebildet. Der Leistung tut das derzeit noch kein Abbruch. Eine weitere Entwicklung kann ich nicht nachvollziehen, es sei denn er bricht irgendwann. An den Stellen wo sich Stauchrisse bilden habe ich mit einer Bindung bauchseitig verstärkt. Kein Plan ob's was bringt. Ich werd's erleben.
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