Das hier ist ja dünnes Eis...
Gute Technik, geringes Zuggewicht, Verletzungen vermeiden, lieber geringes Zuggewicht.
Alles richtig.
Meine Meinung lass ich mal weg, werfe nur die Frage in den Raum : wenn sportliche Männer mit 20# anfangen, womit fängt dann eine zarte Frau an?
Die meisten Bögen (Jugend take downs mal ausgenommen) gibt es im Handel ja erst ab 20#,oft sogar 25#.
Hieße ja die Damenwelt müsste sich mehr zumuten im Vergleich als das "starke" Geschlecht!
Ja, es ist mittlerweile ein verdammt dünnes Eis.
Als ich vor Wochen das Wrack meines im Vollauszug explodierten 60pfünders in FB reinstellte und fragte, ob jemand eventuell einen günstigen "Ersatz" unbenutzt zu Hause rumliegen hat ("günstig", weil ich mit dem Ding nur Kraft, Bewegungsablauf, Ankern und Lösen auf 10 Meter vor einer leeren Scheibe trainiert habe und weiter will) wehte mir ganz schön Anfeindungen ob des völlig unsinnigen Zuggewichts entgegen. Mit der Toleranz, wie in vielen Bereichen unserer Gesellschaft, ist es halt mittlerweile so eine Sache...
Meine Tochter fing erst spät, so mit 13/14 Jahren in einem WA-orientierten Verein mit dem olympischen Bogen an. Wie viele dieser Vereine, welche im Nachwuchsbereich arbeiten und Fördergelder bekommen war dieser Wettkampf- und Erfolgsorientiert. Wer Erfahrungen in diesem Bereich hat weiß, wie strickt das Training dort ist. Sie fing mit knapp 14 Jahren und 22 lbs an und war mit 16 bei 30 lbs, weil da, soweit ich mich erinnere, von ihr bereits die 60 Meter Wettkampfdistanz gefordert wurde.
Ihr machte es immer Spaß, wenn sie auf Mittelaltermärkten an Schießständen mit bloßen Fingern 30er oder 35er Langbögen schoss, und der gesamte Stand vom Glauben abfiel.
Und nein, sie ist jetzt 22 und hat keine mechanischen Schäden, dafür aber TP, aber das ist ein anderes Thema.
Ich lese hier sinngemäß, früher waren höhere Zuggewichte normal. Als ich anfing, kann ich mich nicht entsinnen, dass es normale Jagd- oder Langbögen unter 35 lbs gab. Gleichzeitig wurden die Bögen bauart- und materialbedingt mit verhältnismäßig schweren Pfeilen geschossen. Und ich mag mich irren, aber wer jetzt mal im Gedächtnis kramt, kann vielleicht bestätigen, dass mit dem immer beliebter werdenden 3D Schießen auch normale "freie Turniere" - angelehnt an die Wettkampfordnungen des DBSV oder der IFAA - immer "sportlicher" gestellt wurden.
Auf Grund der Popularität im 3D hat sich in den vergangen Jahren im Bogen- und Materialbereich unheimlich viel getan. Ich bin recht früh in den BHR-Bereich mit Metall-MT eingetreten und konnte mir oft anhören, dass es ja bei der flachen Parabel kein Wunder ist, dass man besser trifft. Heute bin ich geradezu umzingelt von Falkenholz-Besitzern, welche noch leichtere Pfeile mit mehr FPP schießen als ich.
Oder ich denke nur an den 30er Slick Stick meiner Tochter, mit dem sie mit entsprechenden Pfeilen entfernungstechnisch jedes Turnier bestreiten kann.
Nein, hohe Zuggewichte sind mit den heutigen technischen Möglichkeiten nicht mehr notwendig. Bei EBHC oder den vergangenen Deutschen Meisterschaften, hatte ich oft mit Abstand das höchste Zuggewicht. Der Durchschnitt schoss um die 40 lbs (ich 52 lbs).
Ich bin kein Trainer, war lediglich eine Weile Beisitzer Beisitzer im Verein für die Tradis und habe einige Jahre Schnupperkurse abgehalten. Wir haben dafür Bögen je nach Konstitution der Teilnehmer von 16 lbs bis 24 lbs ausgegeben. Es gab Fälle, Männer wie Frauen, die selbst mit 16 lbs überfordert waren, obwohl sie äußerlich sportlich wirkten. Auf der anderen Seite gab es auch Kerle, den ich den 24er weggenommen und einen 30er gegeben habe, weil es - ich sage so wie es ist - die echt unterfordert waren, sauber ewig im Anker standen und sie regelrecht auffordern musste, auch mal loszulassen.
Deswegen mag ich von der Ferne zu Zuggewichten keine Empfehlungen geben, nur die, dass wenn es örtlich irgendwie geht, das Bogenschießen in einem Verein oder unter erfahrener Anleitung zu beginnen. Das ist die halbe Miete. Dann kann man seine Vorliebe zu Bogentypen entwickeln und sich auf ein individuell angenehmes Zuggewicht - egal wie es ausfällt -einpendeln. Mann kann dann ruhig seinen eigenen Körper und den eigenen Fähigkeiten vertrauen. Dazu gehört aber auch zu akzeptieren und zu reagieren, wenn eine angepeilte Zuggewichtsteigerung sich körperlich und vom Gefühl her nicht als passend erweist. Und wenn ich mein Umfeld betrachte, wird damit auch ganz natürlich umgegangen. Man war neugierig auf mehr Power, aber es wird dann doch wieder zurück gerudert auf das, was einem idealer passte.
Bogenschießen ist ein Sport, in dem man immer mal ein paar Schritte zurück gehen muss, manchmal auch auf Anfang um den Faden wieder aufzunehmen Egal ob Technik oder Zuggewicht. Nichts ist in Stein gemeißelt.
In diesem Sinne...