Eine kleine Geschichte fürs Lagerfeuer.
Ein Freund von mir, mit dem ich seit 20 Jahren oder länger 3D Bogenschießen gehe, schießt seit ein paar Jahren keine Turniere mehr. Er hat eine tolle Sammlung traditioneller Bögen. u.a. einige Black Widdow und ein paar originale von Earl Hoyt. Und auch neueres von Falkenholz etc. neben dem einen oder anderen Compound. Sein Lieblingsbogen ist aber ein Standard Barebow, ein 10 Jahre alte Hoyt Metall ILF Mittelteil und eben irgendwelche damals sehr teure Hoyt Cabon Wurfarme. Warum? "damit treffe ich am besten". . Und er bezeichnet sich als traditionellen Bogenschützen. er schiesst Splitfinger intuitiv.
An guten Tagen hält er mit mir als durchschnittlich guten Stringwalker mit, gewinnt sogar gelegentlich. War und wäre also immer noch bei Turnieren vorne mit dabei.
Warum hat er sich dann zurückgezogen? Nicht, weil die Bogenklassen nicht passen. Sondern weil ihm der "traditionelle Geist" abhandengekommen ist. Er sagte, früher sass man bei 2 Tages Turnieren abends zusammen, erzählte Geschichten vom Turniertag, ließ Messer die Runde machen, wer singen konnte, griff zur Gitarre, später auch die, die nicht singen konnten und man hatte eine gute Zeit. Sicher, manche tranken mehr als vernünftig gewesen wäre, aber die meisten waren bis eins oder spätestens zwei dann im Zelt, um am Folgetag dann für die Hunterrunde einigermassen fit zu sein. Und die Schnapsdrosseln, die den Flachmann auf der Runde rauszogen... ja die gabs, aber es waren wenige. Es ging also schon auch um halbwegs guten Sport und ums Treffen.
Heute sagt er, sieht das aber anders aus. Da kommen Schützen im bunten Vereinstrikot mit grossen BEITER und TOPHAT Aufnähern, die Ösis gerne noch mit RIBOS, man macht sich gemeischaftlich mit farbigen Gummibändern warm... er sagt "das ist wie auf der FITA Wiese, nur im Wald". Nicht, dass er das für falsch hielte oder diese Leute dann unfreundlich wären, aber die Themen haben sich verändert, auch der Anspruch an die Punkte. Ein schöner Schuss, der nur in der 5 steckt, ist halt nicht viel wert.
Drum geht er immer noch mit Freunden zum Bogenschießen, will aber von Turnieren nix mehr wissen. Weil eben "das Tradionelle, Ursprüngliche" abhandengekommen ist.
Er macht das also weder am Bogen, noch am Zielsystem fest, sondern an der Grundeinstellung der Leute.
Ende der Geschichte.
Ich fand das erst übertrieben. Aber, wenn ich sehe, wenn von meinen Schützlingen eine kleine Gruppe auf ein Turnier geht, dann triffts obiges schon ganz gut. Ja, wenn ich als Coach dabei bin, dann gibts abends eine "Gruppensitzung", aber in Form eines De-Briefings / Checkouts, damit die Gruppe an den Themen einzelner partizipieren kann. Ist das traditionell? Eher nicht. Kommt eher aus der Leistungssport-Ecke.
Und ja, das was mein Kumpel als "Traditionellen Geist" versteht, das habe ich selber nie gelernt und dementsprechend auch nicht an die nächste Generation vermittelt. Und ich befürchte, das trifft auf die meisten Leute zu, die "nach Lehrbuch" ausgebildet wurden.
Vermutlich gibts hier in der AC Community einige, die das so sehen wie mein Kumpel.